Post by ueberding(der Zusatz in Klammern "Gödels Unvollständigkeit in der Principia
Mahematika" kam auch von mir, um anzudeuten worauf sich "diese
Post by Peter NiessenPost by ueberding"Da man diese Eigenschaft
verallgemeinern kann, muss man einsehen, dass es
Begrenzungen gibt, die den Formalismen immanent sind. Diese Begrenzungen
bedeuten, dass für den Logiker die Metasprache, die verwendet wird, um
eine künstliche Sprache zu beschreiben, die "natürliche Sprache" oder
"Alltagssprache" ist; diese Sprache ist universell, da sich alle anderen
Sprachen in sie übersetzen lassen, sie ist aber hinsichtlich der
Negation nicht konsistent: Sie lässt die Bildung von Paradoxa zu."
...
Post by Peter NiessenEs ist ein System der Logik (das ungefähr der heutigen Prädikatenlogik
entspricht) und eine speziellen Mengenlehre der "erweiterten russellschen
Typentheorie". Zweites kann man salopp als eine Mengenlehre mit "Klassen"
auffassen. Heute benutzt man eher das System ZFC.
Ziel war es ein formales durch Axiome gesichertes System des logischen
Denkens zu schaffen mit dem sich alle Sätze der Logik oder Mathematik durch
formales Schliessen beweisen lassen. Genaueres findest du im sogenannten
Hilbertschen Programm der Axiomatisierung.
Der Satz von Gödel zeigt nun das für jedes System das umfangsgleich oder
grösser wie das System PM ist, ein Beweis für die Wiederspruchsfreiheit mit
"Das System ist wiedersprüchlich"!
In PM gibt es mindestens einen wahren Satz S(PM) und dieser Satz S(PM) ist
mit PM nicht beweisbar.
Oder kurz: In jedem zu PM äquivalenten System (oder einem Metasystem mit PM
als Teilmenge) kann man mit den Mitteln des Systems seine
Wiederspruchsfreiheit nicht beweisen.
...bin ja einverstanden, also bläh Dich nicht so auf!
Es bedeutet aber - wie Du sagst -, es gibt Sätze (mindestens einen), die
nicht mit PM beweisbar sind!
So, und diese Eigenschaft ist verallgemeinerbar - sie gilt für alle der
PM gleichmächtigen Systeme - wie Du auch sagst.
Die Frage ist nun, wie erlange ich Konsens über die Wahrheit der nicht
beweisbaren Aussagen? Das ist der Punkt!
Was für einen Konsens? Der Satz von Gödel ist auch so formulierbar:
Zu jeder angeblich vollständigen Liste und mit den natürlichen Zahlen
abzählbaren Liste von Beweisen gibt es mindestens einen Beweis der in der
Liste nicht aufgeführt ist. Das heisst es gibt überabzahlbar viele Beweise
in System PM.
Es sollte nicht verwundern das diese Formulierung äquivalent zum
Cantor-Beweis über transfinite Gesamtheiten ist.
Deshalb läuft deine Frage zum "Konsens" ins Leere. Auch dein Autor hat die
Tragweite des Beweises offensichtlich nicht verstanden.
Eine Aussage wie:
"...sie ist aber hinsichtlich der Negation nicht konsistent: Sie lässt die
Bildung von Paradoxa zu."
Ist im Bezug auf Gödel schlichter Unsinn. In PM ist die Negation sehr wohl
konsistent und es gilt sogar das noch erheblich schärfere "Tertium non
Datur"
Post by ueberdingSoll ich das System, mit dem ich die Aussage nicht beweisen konnte, um
die nötigen Axiome erweitern?
Das nutzt nichts.
Es kann dann bei geschickter Wahl neuer Axiome schon sein das in diesem
Meta-System die vorherigen Axiome alle beweisbar werden, Aber die
Vollständigkeit (dh. Wiederspruchfreiheit) des Meta-Systems ist nicht
beweisbar. Und das Spiel geht dann, falls sinnvoll, ad infinitum.
Post by ueberdingWas schlägst Du vor?
Nichts. Wozu auch? Na nicht ganz:
Die "Allwissenheits"-Philosphien sind damit hinfällig. Ich kann aber auch
nicht dafür das 100 Jahre Erkenntniss der Natur spurlos an den "modernen"
Philosophen vorbei gegangen sind.
Waren noch herrliche Zeiten als sich ein Popper mit Wittgenstein über sowas
die Haare raufte. Aber lang ist es her. Die "moderne" Philosophie liegt
eher im Koma oder zumindest im Tiefschlaf.
Post by ueberdingHabermas z.B. setzt an die Stelle den Diskurs über den die Experten
einen Konsens erzielen - das kann ja wohl nicht in Deinem Sinne als
Logiker vor dem Herrn sein, oder?
Das was Habermas oder dein Autor hier mit Diskurs meinen ist keine
Philosophie sondern Weltanschauung. Durchaus berechtigt aber halt etwas
anderes.
Post by ueberdingWas sagt denn die Theorie zu diesen nicht beweisbaren Aussagen? Müssen
wir damit leben, oder was?
Ja. Der Beweis ist wasserdicht und lässt sich nicht umgehen.
Post by ueberdingOder sind die Aussagen so banal, dass man
Nein diese Aussagen sind keineswegs banal.
Genaueres findest du bei Cohen der erste Beispiele liefern konnte.
Post by ueberdingkeinen syntaktischen Beweis fordern muss, weil sie vielleicht schon
metaphysisch von vorneherein klar sind... oder was?
Wenn etwas schon klar ist, warum auch immer, muss man es nicht Beweisen,
aber so einfach liegen die Dinge nicht.
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Mit freundlichen Grüssen
Peter Nießen